Die Empfehlungen » Kinderbuch http://die-empfehlungen.net http://www.die-empfehlungen.net Fri, 06 Jun 2008 11:01:39 +0000 http://wordpress.org/?v=2.5.1 en Die Welt mit Kinderaugen fürchten http://die-empfehlungen.net/2007/07/22/die-welt-mit-kinderaugen-furchten/ http://die-empfehlungen.net/2007/07/22/die-welt-mit-kinderaugen-furchten/#comments Sun, 22 Jul 2007 10:00:15 +0000 Wolfgang Ruge http://die-empfehlungen.net/2007/07/22/die-welt-mit-kinderaugen-furchten/ Rezension zu Neil Gaimans “Coraline”

Inhalt

Coraline zieht mit ihren Eltern um. In der neuen Wohnung entdeckt sie einen Zugang zu einer Parallelwelt. Diese erscheint ihrer eigenen Welt anfangs ähnlich, offenbart mit der Zeit aber immer mehr Schrecken. Die „andere Mutter“ von Coraline offenbart sich als seelenfressende Konstrukteurin der Welt und möchte Coralines Seele stehlen. Um das Mädchen nach der Flucht wieder in ihre Welt zurück zu holen, entführt sie dessen Eltern. Coraline kehrt in die Parallelwelt zurück und trifft auf drei Kinder, deren Seelen ebenfalls gefangen sind. Sie schlägt der Herrscherin der Parallelwelt einen Handelt vor: Wenn sie die gefangenen Seelen findet, darf sie gehen, wenn nicht, gehört auch ihre Seele der „alten Vettel“. Diese geht auf den Handel ein. Coraline kann alle Seelen finden, muss sich auf der Suche aber immer wieder ihren Ängsten stellen. Einzig und allein ihre Liebe zu den Eltern lässt sie das Abenteuer durchstehen und wieder in ihre Welt zurückkehren.

Rezension

Autor Neil Gaiman schreibt einen soliden Horror-Roman. Dank der einfachen Sprache liest man sich sehr schnell ein und sieht die Welt bald durch die Kinderaugen der Protagonistin. Dies wird auch durch eine Liebe zum Detail erreicht, in den ersten Kapiteln spielt Coraline nicht einfach im Garten, sie entdeckt ihn. Bei den skurrilen Mitbewohnern des Hauses fallen dem kleinen Mädchen Details auf, die Erwachsene normalerweise nicht beachten. Auch wird an Kleinigkeiten, wie dem von fast allen Erwachsenen falsch ausgesprochenen Namen deutlich, dass das Mädchen von den Erwachsenen nicht das erhält was es sich wünscht: Aufmerksamkeit.

In der Parallelwelt sieht sich Coraline dann mit den Urängsten eines Kindes konfrontiert. Einsamkeit – Verlust der Eltern – furcheinflößende Kreaturen. Einzig und allein ein sprechender Kater steht ihr zu Seite und hilft ihr, ihre Angst zu besiegen.

Die Angst des Mädchens ist gut beschrieben, weil sie sehr bildhaft dargestellt wird – so hat die „alte Vettel“ anstelle von Augen Knöpfe, ihre Lieblingsmahlzeit sind Küchenschaben. Obwohl Gaiman starke Metaphern verwendet, erscheint das Buch nie übertrieben blutrünstig oder brutal. Als Leser kann man mit Coraline mitleiden.

Der Roman ist jedoch nicht nur eine Horror-Geschichte, er ist auch ein Märchen. Es finden sich die typischen Elemente wie die „böse Hexe“ oder sprechende Tiere. Auch das Grundmotiv spiegelt die pädagogische Funktion von Märchen wieder. Für die Hauptperson ist es wichtig, sich ihrer Angst zu stellen und diese zu besiegen. Auch das Bedürfnis geliebt zu werden, wird Coraline sehr deutlich. Und so gibt es – märchentypisch – ein Happyend.

Dabei verfällt Neil Gaiman trotzdem nicht in einen onkelhaften Erzählstil, wie er z.B. von den Gebrüdern Grimm bekannt ist. Zwar wird einfach erzählt, auf die für Märchen typischen Verniedlichungen wird aber verzichtet.

Was an dem Roman stört, ist der Name der Hauptperson. Ich habe fast immer Caroline, statt Coraline gelesen.

Das Ende wirkt ein wenig überhastet, und geht sehr problemlos vonstatten. Es mag nicht ganz zur sonst sehr guten Beschreibung von Furcht passen. Was genre-fremde Leser bemängeln werden, ist dass das Geheimnis um den Weg in die Parallelwelt nicht aufgeklärt wird. Wer jedoch damit leben kann, dass nicht alles bis in letzte Detail aufgeklärt wird, wird über diese Schwäche gerne hinwegsehen – insbesondere weil das „Mystische“ und Unbekannte den Horror noch verstärkt.

Fazit

„Coraline“ ist ein einfach geschriebenes aber dennoch spannendes Horror-Märchen, das zwei bis drei Stunden Lesespaß verspricht. Sehr Gut- (1,3).

Anmerkung

Darüber wie weit sich das Buch für Kinder eignet, kann man epische Diskussionen führen. Bewahrpädagogen werden das Buch sicherlich als „zu heftig“ empfinden, andere Richtungen werden das Buch als gut erachten, weil es die von Bruno Bettelheim aufgezählten Vorteile von Märchen besitzt, und sich so in bewährte Tradition einfügt.

Bibliographische Daten

Neil Gaiman: Coraline. Gefangen hinter dem Spiegel.
Heyne, 2005, 175 Seiten, Taschenbuch.
ISBN: 978-3453400603

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Man liest nur mit dem Herzen gut http://die-empfehlungen.net/2007/07/08/man-liest-nur-mit-dem-herzen-gut/ http://die-empfehlungen.net/2007/07/08/man-liest-nur-mit-dem-herzen-gut/#comments Sun, 08 Jul 2007 10:00:52 +0000 Wolfgang Ruge http://die-empfehlungen.net/2007/07/08/man-liest-nur-mit-dem-herzen-gut/ Rezension zu Antoine de Saint-Exupérys “Der kleine Prinz”

Inhalt

Ein Flugzeugpilot muss in der Wüste notlanden und trifft dort auf den kleinen Prinzen. Dieser stammt von einem fernen Asteroiden und befindet sich auf einer Entdeckungsreise. Im Laufe der Tage erzählt er dem notgelandeten Piloten von seiner Reise. Als dieser sein Flugzeug repariert hat, ist auch für den kleinen Prinzen die Zeit gekommen, um nach Hause zurückzukehren.

Rezension

Wer das Buch nicht kennt, und nur die Inhaltsangabe liest, wird erschrocken denken: “120 Seiten, ein paar Bilder und so wenig Inhalt. Jetzt wird sicher ein Verriss kommen.”
Dem ist jedoch nicht so. “Der kleine Prinz” ist nicht umsonst ein Kinderbuch, das sich seit Generationen ungebrochener Beliebtheit erfreut. Dies liegt in der Art und Weise wie Antoine de Saint-Exupéry die Geschichte zu erzählen weiß.

Der kleine Prinz beherrscht nur ein kleines Reich – aber er ist glücklich. Er besitzt 3 Vulkane und eine Rose um die er sich kümmern muss. Er hat also auch eine gewisse Verantwortung. Der kleine Prinz spiegelt die Sehnsüchte (Glück) und Pflichten (Verantwortung) eines jeden Menschen wieder.
Und der kleine Prinz ist eben noch klein. Das heißt: er sieht die Welt mit Kinderaugen. Dies ist es, was das Buch für Kinder so interessant macht. Sie sehen die “Welt der Großen” und erkennen, dass auch die Erwachsenen keine Antworten auf alle Fragen haben und der Welt manchmal ziemlich hilflos gegenüber stehen. Die “Großen” weisen oft einen biederen Ernst auf, sehen die Welt sehr fantasielos und wirken in ihren Vorstellungen sehr eingefahren.
Die Kinder – repräsentiert durch den kleinen Prinzen – sind anders. Sie erleben die Welt mit mehr Fantasie, ihnen fallen Dinge auf, die die Erwachsenen als Unwichtig abtun, sie sehen die Welt nicht, sie erleben sie, mit den Sinnesorganen, mit Fantasie und Herz.
Diese dem ganzen Buch immanente Botschaft bringt die Figur des Fuchses schließlich auf den Punkt: “Man sieht nur mit den Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.”.
“Der kleine Prinz” ist ein Appell für Toleranz, ein Appell sich mit seinen Mitmenschen zu beschäftigen, ein Appell sich zu fragen, was einen selbst glücklich macht und nicht den gesellschaftlichen Status über alles zu stellen.

Für Kinder ist der kleine Prinz “Pflichtlektüre”, da er eine schöne Geschichte erzählt in der sich Kinder wieder finden können. Sie erzählt die Geschichte eines Entdeckers – und darin liegt die Gemeinsamkeit, das große Identifikationspotential: Kinder müssen die Welt noch entdecken, erfahren wieso die Großen so handeln, wie sie es nun mal tun. Sie sind wie der kleine Prinz, nur das ihnen kein Raumschiff zur Verfügung steht.

Doch auch Erwachsene sollten sich durch das Prädikat “Kinderbuch” nicht abschrecken lassen. Wenn man das Buch ein zweites Mal liest, stellt man fest, dass man viele Passagen in Erinnerung behalten hat – und auch wenn man älter ist, die Welt schon weiter entdeckt hat – so weiß man doch, was einen als Kind fasziniert hat. Wenn man die Beschreibung der allzu ernsten “großen Leute” ließt, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, und fragt sich oftmals, ob das für Kinderaugen geschriebene Buch nicht doch sehr viel Wahrheit enthält.

Fazit

Für Kinder ein absolutes Muss, für Erwachsene eine Lektüre die einem zum schmunzeln bringt. Ein Buch das sich zu recht seit Jahren sehr gut verkauft. SEHR GUT (1,0).

Bibliographische Daten

Antoine de Saint-Exupéry: Der Kleine Prinz.
Rauch, 2000, 94 Seiten, Taschenbuch.
ISBN: 978-3792000274

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