Feuriges Thema oder kalter Kaffee?

Rezension zu “Ausgebrannt” von Andreas Eschbach.

Inhalt

Für Markus Westermann ist Amerika das Land seiner Träume. Als er von der Finanzfirma Lakeside und Rowe einen Auftrag zur Anpassung der Software erhält, ist dies für ihn die Chance, sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine Existenz aufzubauen. Kaum ist Markus in der amerikanischen Niederlassung angekommen, unternimmt er alle Anstrengungen eine Green Card zu erhalten. Mit „Other People Money“ und „Other People Ideas“ möchte er ein Vermögen machen.

Zunächst gilt es jedoch eine längere Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Deshalb legt sich Markus mächtig ins Zeug und macht massenweise Überstunden, bis er vom Chef das Angebot erhält, in eine andere Abteilung zu wechseln und in Amerika zu bleiben. Markus ist überglücklich, wird aber wenige Tage später wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der Vorgesetzte wird befördert und sein Nachfolger widerruft sein Angebot. Markus muss nach Ablauf des Auftrages wieder nach Deutschland – vorher darf er jedoch alle Überstunden abbummeln.
Er fährt durch Amerika und trifft auf Walter Block, einen Österreicher, der eine neue Möglichkeit entdeckt hat, Öl zu finden. Markus wittert Morgenluft und gründet zusammen mit Block ein Unternehmen – Die „Block Explorations“, welches die Aufgabe hat, Blocks neue Methode zu vermarkten. Aufgrund der immensen Abhängigkeit der Weltwirtschaft vom Öl sind schnell Investoren gefunden. Die Investment Firma PPP, der man nachsagt ein Einstieg wäre mit Erfolg verbunden, stellt das Startkapital zur Verfügung. Als Block in Arizona Öl findet, fließt das Geld in Strömen.

Beim Vertragsabschluss mit PPP lernt Markus Amy-Lee Wang kennen. Zwischen ihm und der Bankerin entwickelt sich eine vorwiegend sexuelle Beziehung, die so befriedigend ist, dass Markus Amy einen Heiratsantrag macht. Diese möchte nur die Zustimmung ihres Vaters einholen. Dieser ist ein Investor und schlägt Markus einen Deal vor: Amy im Tausch gegen die Block-Methode.

Die „Block-Methode“ gewinnt immer mehr an Popularität und so erhalten Markus und Block einen Auftrag aus Saudi-Arabien. Trotz Bedenken seitens Block nehmen die Beiden den Auftrag auf Druck der amerikanischen Regierung an.

Während des Auftrages lernt Markus den CIA-Agenten Charles Taggard kennen. Dieser ist davon besessen, mehr über die arabische Welt zu erfahren, weil seine Tochter in den Wirren des 11. Septembers ums Leben kam, weil ihr Spenderherz nicht schnell genug geliefert wurde. Taggard sensibilisiert Markus für die enorme Bedeutung des Öls in der Weltwirtschaft und macht ihn darauf aufmerksam, dass seine Freundin Amy-Lee für ihren Vater schon öfter mit Männern geschlafen hat, um diesen ihre Geheimnisse zu entlocken.

Am darauf folgenden Wochenende beendet Markus seine Beziehung mit Amy. Und auch im Beruf läuft es nicht gut, die Suche nach Öl in Saudi-Arabien bleibt erfolglos, der Auftrag wird abgebrochen und zu allem Überfluss wird Block entführt. Wieder zurück in Amerika wird löst PPP Markus’ Firma auf. Er steht auf der Straße. Er setzt sich in seinen Wagen, rast auf der Autobahn, baut einen Unfall…

Warnung: Inhaltsangabe bis Buchende
show

Rezension

Das Schöne an einem Eschbach ist, dass man immer weiß, was man bekommt. Man bekommt einen gut geschriebenen, erstklassig recherchierten Roman. Auch bei „Ausgebrannt“ bestätigt Andreas Eschbach diese „Vorurteile“. Der Roman ist die ganze Zeit über flüssig zu lesen, und das obwohl er nicht unbedingt leichte Kost darstellt. Dies liegt auch darin begründet, dass der Roman auch „Eine kleine Geschichte des Öls“ hätte heißen können. Geschickt eingebaute Rückblenden, führen dazu, dass die Geschichte eigentlich Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt, mit dem Bau der Bagdad-Bahn. Von dort an wird – immer in Form von in die Geschichte passenden Rückblenden – erzählt, wie das Öl weltpolitische Entscheidungen beeinflusst hat. Manchmal sind diese Passsagen nicht unbedingt wichtig für den Handlungsfortschritt des Romans, jedoch erläutern sie die wichtige Position des Öls und wirken als willkommene Hintergrundinformationen und nicht störend. Durch die vielen Hintergrundinformationen erinnert der Roman ein wenig an „Eine Billion Dollar“, welcher auch durch sehr gute Recherche besticht.

Das Schöne an einem Eschbach ist, dass man nie weiß, was man bekommt. Der Mann ist ein literarisches Chamäleon. Von Science-Fiction über Kinderbücher bis zu Thrillern liest man alles aus der Feder von Andreas Eschbach. Die Thematik bei den Thrillern ist höchst unterschiedlich. Manche Thriller behandeln globale Themen (Eine Billion Dollar) andere sind sehr personenzentriert (Der Nobelpreis, Der Letzte seiner Art). Ausgebrannt ist wieder eher global orientiert. Das Ende des Ölzeitalters – ziemlich starker Tobak für Belletristik. Diese globale Orientierung hindert Andreas Eschbach jedoch nicht daran, saubere Charakterisierungen zu schreiben. Viele der Personen sind nichts Besonderes, wirken aber gerade dadurch authentischer als literarisch übertrieben dargestellte Freaks. Es handeln Menschen, wie man sie aus den Nachrichten und aus der Nachbarschaft kennt. Der Vater von Amy-Lee entspricht dem Skrupellosen Geschäftsmann, man könnte sich ihn an der Spitze eines realen Wirtschaftsunternehmens vorstellen. Markus Schwester Dorothea hat Sorgen, wie sie die normale Bevölkerung hat – wie soll sie Heiz- und Benzinkosten bezahlen, wie knüpft sie als Neue im Dorf soziale Kontakte, etc.

Typisch für Andreas Eschbach sind bestimmte Muster. Eines dieser Muster ist, dass die Reichen und Mächtigen oftmals nicht glücklich sind. In „Die Haarteppichknüpfer“ ist es der Sternenkaiser, der trotz oder gerade wegen immenser Machtfülle den Tod herbeisehnt. In „Eine Billion Dollar“ bleibt John Fortanelli über weite Strecken das private Glück verwehrt. In „Ausgebrannt“ muss der schwerreiche Vater von Amy miterleben, dass all sein Geld den Tod seiner Frau nicht verhindern kann.

Typisch für Andreas Eschbach ist auch, dass er sich immer andere Narrationsstrukturen einfallen lässt. „Die Haarteppichknüpfer“ enthalten vielmehr thematisch zusammenhängende Kurzgeschichten anstatt eines durchgehenden Romans. In „Der Nobelpreis“ kommt mitten im Roman eine Information, die das Bild des Lesers vollkommen auf den Kopf stellt. In „Ausgebrannt“ rekonstruiert Eschbach den ersten Teil der Geschichte in Form von Rückblenden, die teilweise selbst noch Rückblenden erhalten. Auf den ersten Seiten wissen wir, wie der Traum von Markus Westermann endet: Im Krankenbett. Was passiert weiß der Leser, folglich liegt der Fokus auf dem Wie – eine Technik die höchsten Lesegenuss verspricht, wenn der Autor schreiben kann.

Leider gibt es auch gewisse „Standards“ bei Eschbach, die negativ zu Buche schlagen. Einer dieser Standards ist, dass der Autor keine ordentlichen Enden schreiben kann oder will. In seinen frühen Roman umschifft Eschbach dieses Manko durch ein offenes Ende, das mir eigentlich immer gefallen hat. In „Ausgebrannt“ soll ein richtiges Ende rauskommen, was dazu führt, dass der zweite Teil wesentlich schlechter ist als der erste. Im zweiten Teil gibt es weniger Rückblenden, so dass der Fokus mehr auf dem „Was“ liegt. Dieses Was ist leider nicht sonderlich gut. Der zweite Teil zeigt eine Zukunftsvision, die übertrieben und nicht in sich schlüssig wirkt. Ein Beispiel dafür ist die Rolle des Internets. Ich gehe mit der Vision konform, dass die Mobilität nach dem Ende des Ölzeitalters sinken wird. Womit ich aber nicht konform gehe, ist das von Eschbach implizit geschilderte Ende der neuen Medien. Schon heute sind Telearbeit und Zeitungen im Onlineformat groß im Kommen. Nach dem Ende der Mobilität wird die Telearbeit zunehmen, das Internet wird an Bedeutung gewinnen, viele Ressourcen werden in die Aufrechterhaltung dieses Systems gesteckt werden. Wir werden keine Zivilisation aus Kleingärtnern werden, die in Fahrgemeinschaften zur Arbeit fahren und dort das Faxgerät nutzen, weil das Internet gestorben ist.

Neben dieser Schwäche geht das Ende der Zivilisation viel zu schnell von statten.

Das größte Manko des zweiten Teils ist aber der übermäßig konstruierte Plot. Markus tappt von einem glücklichen Zufall in den nächsten. Das Institut, das die Formeln seines Vaters besitzt, gehört glücklicherweise seiner Ex-Freundin, die glücklicherweise von ihm schwanger ist und glücklicherweise nicht den Drang verspürt Markus den Kopf abzureißen, sondern ihn glücklicherweise heiratet. Glücklicherweise können die Beiden die Erfindung von Markus Vater rekonstruieren, obwohl sie beide eigentlich keinerlei Begabung in solcherlei Dingen haben. Glücklicherweise hat der ehemalige Kollege von Markus, der wegen der Anschuldigung sexueller Belästigung entlassen wurde, auf dem Rückflug eine Amerikanerin kennen gelernt, die glücklicherweise später Senatorin wird.

Glücklicherweise trifft Markus’ Bruder den zukünftigen König von Saudi-Arabien, der glücklicherweise von seinen Solarzellen begeistert ist.

Und glücklicherweise war das Buch dann auch mal zu Ende.

Fazit

Der erste Teil des Buches ist ein genialer Thriller. Bis Seite 550 ist der Roman SEHR GUT (1,0). Die letzten 200 Seiten nerven aber durch eine extreme Häufung glücklicher Zufälle und eine übertriebene Endzeitstimmung. Gerade noch AUSREICHEND (4,5).
Also am Ende etwas Mathematik. Der erste Teil ist ungefähr doppelt so lang wie der Zweite und sollte daher Doppelt gewertet werden. (2*1,0 + 1*4,5)/ 3 ergibt: 2,17.
Dank des guten ersten Teils reicht es also noch für ein GUT.

Biblographische Daten

Andreas Eschbach: Ausgebrannt
Lübbe, 2007, 752 Seiten, Hardcover.
ISBN: 978-3785722749

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