Göttliche Magie

Rezension zu „Der Stern der Götter“ von Uschi Zietsch

Inhalt

Ausgangssituation

In Erytrien herrscht das Elend. Der grausame und gierige Druide Chaqong unterjocht das Land im Namen des Gottes Shyll und verlangt von dem gemeinen Volk, das kaum genug zu essen hat, hohe Steuern. Da er der mächtigste Magier ist, ist seine Macht unangetastet.

Teil 1: Im Zeichen des Widders

In einer stürmischen Nacht findet ein Bauernehepaar ein Kind vor seiner Tür. Das Namensschild lässt sich nicht ganz entziffern, lediglich die ersten drei Buchstaben “Hal” sind noch zu erkennen. Da Hal den dritten Sohn und somit eine Steuererleichterung darstellt, nehmen sie ihn auf, obwohl er fremdländisch aussieht und furchtbar entstellt ist.
Hal erweist sich als zäh und überlebt die kommenden Jahre. Da er an allem uninteressiert wirkt, übt er trotzt hervorragender körperlicher Konstitution nur den Beruf eines Schweinehirten aus. Als er eines Tages einem entlaufenen Schwein folgt, macht er die Erfahrung über magische Kräfte zu verfügen, er vergisst sie jedoch schnell wieder. Auf dem Rückweg zum Dorf trifft er auf den Fürsten der Burg Xav, der ihn als Stallknecht rekrutiert. In Xav entwickelt der Hetmann Cäetan eine freundschaftliche Beziehung zu Hal, obwohl dieser sich weiterhin an allem Menschlichen uninteressiert zeigt. Als der Druide Chaqong Xav für ein magisches Ritual besucht weckt dies Hals Interesse. Er beobachtet das Ritual verbotener Weise und stört es. Die darauf folgenden, für andere tödlichen Strafen überlebt er. Er betritt den Raum in dem das Ritual stattfand und findet das Buch der Annata Gynvar, welches von einem mächtigen Zauberinstrument – dem Stern der Götter – und dem Hass der Autorin auf Chaqong berichtet. Hal murmelt einen Zauberspruch und löst ein Unwetter aus, das Xav zerstört. Hal verwandelt sich in einen Falken und kann dem Inferno entkommen.

Warnung: Inhaltsangabe bis Buchende:

show

Rezension

Uschi Zietsch entführt den Leser mit “Der Stern der Götter” in die Fantasy-Welt Waldsee. Dort erzählt sie die Geschichte des Bastards eines Gottes und einer Magierin. Diese Geschichte ist höchst verworren und kann in der Zusammenfassung nur sehr verkürzt wiedergegeben werden. Dank einiger überraschender Wendungen bleibt der rote Faden, der sich durch die drei Teile zieht, immer interessant.

Neben diesem Roten Faden (Hal erkennt wer er ist und kämpft erst gegen Chaqong und dann gegen Shyll) werden Geschichten von “normalen” Bürgern Erytriens erzählt. So wird im ersten Teil die Geschichte des Fürsten von Xav erzählt, der sein Volk zwar bemitleidet aber eigene Privilegien nicht aufgeben will. Im zweiten Teil muss die junge Deyra mit unerfüllter Liebe kämpfen, der Fürstensohn Felon findet seine Berufung als Kämpfer für Haldrid Falkon. Und im dritten Teil finden der Sohn Cäetans (Hetman Dunlands) und die Magd Lavynia zueinander. All diese Geschichten sind nicht übermäßig originell, aber sie sind menschlich. Fast jeder wird einen Charakter finden, mit dem er sich identifizieren kann. Leser der SF-Serie “Perry Rhodan” werden die Romane kennen, die Uschi Zietsch unter dem Pseudonym “Susan Schwartz” geschrieben hat, und von daher wissen, dass Menschliches aus ihrer Feder immer schön zu lesen ist.

Die Art wie die Geschichte erzählt wurde, wie um den Hauptcharakter und den Hauptplot herum erzählt wurde, hat mich ein wenig an Patrick Süskinds “Das Parfüm” erinnert. Die Geschichte beginnt mit einem Außenseiter, der sich seinen Platz in der Gesellschaft erkämpfen muss. Sowohl Grenouille in “Das Parfüm” als auch Haldrid Falkon besitzen zu Anfang beschränkte Fähigkeiten und sind körperlich entstellt. Auch im Folgenden gleichen sie sich. Beide handeln so, wie sie aus ihrer Weltsicht heraus handeln müssen, und übertreten dabei die Grenze des (aus menschlicher Sicht) moralischen Handels.
In der Erzählstruktur finden sich ebenfalls Ähnlichkeiten. Neben dem Roten Faden um Haldrid Falkon weben kleine Geschichten um seine Weggefährten den “Teppich” der Erzählung. Während Patrick Süskind z.B. die Geschichte des Ausbilders Grenouilles erzählt, berichtet Uschi Zietsch z.B. vom Leiden Deyras oder Cäetans.

Das Parfüm erzählt von der Welt der Gerüche – und hat vielleicht gerade deshalb enorme Popularität erreicht. “Der Stern der Götter” erzählt von der Welt der Magie. Ein weit öfter aufgegriffenes Thema. Die Autorin beweist jedoch, dass sie sich auf dem Gebiet auskennt. Die Szenen in denen gezaubert wird sind absolut lesenswert. Die Beschreibungen der magischen Kräfte die aufeinander treffen ist plastisch und farbenfroh gehalten. Der Leser sieht richtig vor sich, wie zwei Drachen miteinander ringen, oder wie Haldrid Falkon versucht aus einem magischen Gefängnis Chaqongs zu entkommen. Vor dem inneren Auge entsteht eine visuelle Symphonie der Magie.

Besonders hervorzuheben ist, dass der Roman von der im Fantasy-Genre leider sehr oft bemühten Schachbrettmoral abweicht. Keine der Parteien ist rein gut. Es wird auch nicht versucht, eine moralische Rechtfertigung für die unmoralischen Taten Falkons zu geben. Haldrid Falkon ist kein strahlender Held, für die Bevölkerung ist er wahrscheinlich über weite Strecken des Romans nur das kleinere Übel.

Der Stern der Götter ist ein solider Fantasy-Roman, der durch gute Charakterisierungen, eine lebhafte Beschreibung der Magie und ein “menscheln” bei den Nebengeschichten glänzt. Der Stern der Götter ist kein Heldenepos oder eine Geschichte über den Kampf zwischen GUT und BÖSE.

Wer solche Geschichten liest, wird den Roman gerne lesen, ihn als SEHR GUT (1,0) empfinden. Wer eine Geschichte lesen will, in der eine Gruppe rein guter Menschen, gegen einen rein bösen Magier kämpft, sollte sich besser anderweitig umsehen.

Bibliographische Daten

Uschi Zietsch: Der Stern der Götter
Fabylon, 1990, 224 Seiten, Taschenbuch.
ISBN: 978-3927071049

Informationen

Aktionen

 

1 Antwort zu “Göttliche Magie”

9 08 2007
Ralf (18:59:28) :

Hi,
ja, schöner Roman. Den ersten Teil fand ich allerdings zäh, die beiden folgenden deutlich spannender. Vor allem die Tatsache, daß das übliche Schwarz-Weiß-Schema weitgehend fehlt und die Handelnden sich ihrer Fehler und den Zwängen, denen sie unterliegen, allzu bewußt sind, gefällt mir. Die Beziehungen der Hauptfiguren untereinander sind schon stark geschildert.

Auch die Auflösung der Hauptstory ist anders, als man üblicherweise bei Fantasy gewohnt ist. Boy get’s Girl an lives happily ever after findet nicht statt. Obwohl Boy get’s Dragon kein übler Ersatz ist :)

Was mir außerdem gefällt, ist, daß das Ende eigentlich kein Ende ist. Es bleibt genug Raum für den Leser, den Faden - bzw. die Fäden, mindestens zwei, wenn nicht drei Ebenen könnten fortgeführt werden - weiterzuspinnen und sich noch eine Weile geistig auf Waldsee aufzuhalten.

Ich bin gespannt, ob Uschi die Gelegenheit bei ihrer (ich glaube, nächstes Jahr erscheinenden?) Waldsee-Trilogie aufgreift oder ob diese Story in völlig anderem Rahmen stattfindet

Ciao
Ralf




Close
E-mail It